Hallo Nakoma!
Ja, richtig. Die freien Hormone sind die, die stoffwechselaktiv sind. Die gebundenen sind stoffwechselinaktiv, solange sie an die Transporteiweisse gebunden sind. Erst, wenn sie sich aus der Bindung an die Transporteiweisse lösen, werden die Hormone frei und somit stoffwechselaktiv.Und zwar.. wie ist das mit dem freien und den gebundenen Hormonen? Ausschlaggebend sind doch nur die freien, richtig?
Die gebundenen Hormone sind immer sehr viel mehr als die freien. Von T4 sind im Blut 99,98 % gebunden (und nur 0,02 % frei), von T3 sind 99,75 % gebunden (und nur 0,25 % frei).Die gebundenen können ja aber trotzdem viel mehr sein?
Die gebundenen Hormone dienen dem Körper als (Kurzzeit-) Hormonspeicher Der Langzeit-Hormonspeicher ist normalerweise die SD selbst, denn eine gesunde SD hat in ihren Follikeln recht große Mengen an T4/T3 auf Vorrat gespeichert, der Vorrat reicht normalerweise für ca. 3 Monate. Ist die SD aber futsch (nach OP) oder halt kaputt, so gibt`s halts nur nur den Kurzzeit-Hormonspeicher.
Durch die Bindung an die Transporteiweisse wird die Halbwertszeit verlängert (gebunden sind die Hormone noch stoffwechselinaktiv, d.h. der Körper kann sie - solange sie gebunden sind - auch nicht verstoffwechseln, daher halten die Hormone länger) und die gebundenen Hormone sind auch vor Ausscheidung über die Niere weitestgehend geschützt (gebundene Hormone werden zusammen mit den Transporteiweissen in den Nierenfiltern zurückgehalten und wieder ins Blut rückgeführt).
In der Tablette selbst sind die Hormone zunächst einmal frei. Das ändert sich aber, sobald die Hormone aus der Tablette durch die Dünndarmschleimhaut in den Blutstrom diffundieren.Wie ist das nun, wenn mit den Hormonen, die man künstlich über die Tablette zuführt? Sind die nun frei oder gebunden?
Im Blut schwimmen ständig die diversen Transporteiweisse (TBG = Thyroxin bindendes Globulin; TBPA = Thyroxin bindendes Präalbumin und Albumin) im Blutstrom herum und sie sammeln nach und nach das durch die Dünndarmschleimhaut ankommende T4 (und bei T3-Einnahme auch das T3) ein, binden das Hormon also an sich.
Die Hormone aus der Tablette werden also ganz genauso gebunden wie auch die echten Hormone, die direkt von der SD in die Blutbahn abgegeben werden. Ab dem Zeitpunkt, wo die Hormone ins Blut gelangen, gibt es keinen Unterschied mehr zwischen den Hormonen aus den Tabletten und den echten aus der Schilddrüse. Sie werden im Blut zu einem Großteil von den Transporteiweisen gebunden, egal, wo sie ursprünglich herstammen.
Nur der Weg hinein ins Blut war eben etwas anders (SD schüttet direkt ins Blut aus; Tablette muß erst über den Magen in den Dünndarm gelangen und die Hormone können erst über den Dünndarm ins Blut gelangen).
Da die Hormone aus der Tablette im Blut genauso wie die echten aus der SD im Blut an die Transporteiweisse gebunden werden, gibt es letztendlich auch keinen Unterschied zur Wirkungsweise.Also, wirken die direkt oder eben erst, wenn sie benötigt werden?
Wirken tun die Hormone immer erst, wenn sie sich aus der Eiweißbindung lösen, denn nur frei können die Hormone in die Körperzellen hinein und dort verstoffwechselt werden (mit so einem "Transporteiweißklotz am Bein", wäre das Hormonmolekül viel zu groß und könnte so nicht durch die Zellwand).
Wie das genau geregelt ist, wann sich die Hormone aus der Eiweißbindung lösen (also wer oder was dafür den Befehl gibt) und auch, wie die Hormone dann in die Körperzellen hinein gelangen, ist übrigens noch weitgehend unbekannt. Man nimmt an, daß es vermutlich einen aktiven Transportmechanismus (Carrier) geben muß, der die SD-Hormone in die Zellen hineinholt, aber wie der aussieht und genau funktioniert, hat man bis heute noch nicht herausgefunden.
Doch, doch, einmal im Blut angelangt (egal, wie) aktiviert der Körper die Hormone aus der Tablette ganz genauso wie die echten aus der SD, indem er sie (wie auch immer) wieder aus der Eiweißbindung löst, die Hormone dann frei und damit stoffwechselaktiv werden.Wenn die gebunden wären, könnte es ja auch sein, dass der Körper sie irgendwie gar nicht "aktiviert"?
Daß man dennoch mehr Hormone aus der Tablette braucht als die SD normalerweise selbst produziert, liegt einfach daran, daß es bei der Einnahme der Tabletten immer Verluste im Verdauungstrakt gibt. Selbst unter idealen Bedingungen (nüchterne Einnahme, gesunder Magen/Darm, keine Einnahme von anderen Medikamenten, die die Aufnahme behindern) werden von einer T4-Tablette immer nur ca. 80 % des Wirkstoffgehalts im Dünndarm resorbiert und gelangen in den Blutstrom. Wenn Du also z. B. eine Tablette mit 100 µg L-Thyroxin einnimmst, so kommen davon nur ca. 80 µg in deinem Blut an, der Rest landet - salopp gesagt - im Klo.
Problematisch kann`s auch werden, wenn es irgendwelche Faktoren gibt, die die Menge der Transporteiweisse beeinflussen oder die Eiweißbindung verändern. Ein wichtiger Faktor ist dabei z. B. Östrogen. Östrogen bewirkt, daß die Leber mehr Transporteiwesse bildet, was wiederum zur Folge hat, daß dann auch mehr SD-Hormone gebunden werden (und weniger frei ist). Wenn man vermehrt Östrogen zu sich nimmt (z. B. durch Pille oder Hormonersatztherapie), braucht man deswegen auch mehr SD-Hormone.
Bei einem SD-Gesunden würde die SD das (mittels TSH) selbst lösen und die SD würde dann einfach mehr Hormone produzieren. Ist die SD aber kaputt/weg, muß man das natürlich über die Tabletten regulieren und braucht dann eine höhere Dosis.
Dasselbe gilt auch für die Schwangerschaft, der Hormonbedarf steigt bei Schwangeren so stark an, weil sie schwangerschaftsbedingt höhere Östrogenspiegel haben und damit eine größere Eiweißbindung von SD-Hormonen.
Bei Testosteron ist es übrigens genau umgekehrt - also wer Testosteron einnimmt, braucht weniger SD-Hormone, weil Testosteron zu einer Abnahme der Menge an Transporteiweissen führt und damit zu einer geringeren SD-Hormonbindung.
Dann gibt`s auch noch Medikamente, die SD-Hormone aus der Eiweißbindung im Blut verdrängen, z. B. Aspirin, Heparin, Marcumar und Diclofenac. Die "schubsen" quasi die SD-Hormonmoleküle von den Transporteiweissen runter und binden sich dann selbst daran, was zur Folge hat, daß dann mehr SD-Hormone frei und ungebunden im Blut sind. Was dann wiederum bedeuten kann, daß man unter solchen Medis eine geringere SD-Hormondosis braucht als zuvor, weil eben mehr freie Hormone da sind (allerdings nur für die Dauer der Einnahme der Medikamente, denn der Effekt der Verdrängung aus der Eiweißbindung hält nur solange an, wie die Medis auch wirken).
Liebe Grüße
Jutta